Anschläge, Buchstaben, Zeichen oder was?

[Aktualisierung: 23. Februar 2021]

Pangramm_Polyfon

Dieses Pangramm enthält nicht nur alle Buchstaben des deutschen Alphabets, es hat wahlweise auch

  • 71 Anschläge,
  • 55 Buchstaben,
  • 57 Zeichen ohne Leerzeichen,
  • 65 Zeichen mit Leerzeichen.

Je nach Anwendungsbereich. Oft stellt sich indes heraus, dass ohne Unterschied »Zeichen« gemeint (und gezählt) sind, wenn einer der Begriffe verwendet wird. Missverständnisse sind also abzusehen.

Wie viele Anschläge schaffen Sie?

Die Zahl der Anschläge sagt heute etwas über die Leistung beim 10-Finger-Tastschreiben aus. Dabei wird gezählt, wie viele einzelne Tasten in einer bestimmten Zeit erfolgreich betätigt werden. An der mechanischen Schreibmaschine mussten diese noch möglichst gleichmäßig »angeschlagen« werden.

Ein einfacher Anschlag genügt für alle Zeichen (auch Leerzeichen), die über die Hauptbelegung einer Taste zu erreichen sind. Alle Zeichen der Zweitbelegung (Großbuchstaben, Sonderzeichen) erfordern zwei Anschläge – Umschalttaste (Shift) und Zeichentaste –, sie zählen daher doppelt.

Mit dieser Zählweise nehmen es Lernende und Bewerber:innen in Büroberufen genau: Ein IHK-Prüfling muss 120 Anschläge pro Minute mit weniger als 0,5 % Fehlern »tasten«, eine geprüfte Sekretärin mindestens 230, versierte Tipper schaffen 300 bis 400 Anschläge pro Minute.

Über den Textumfang gibt die Zahl der so gezählten Anschläge keine brauchbare Auskunft. Sie lässt sich auch nur von Hand (bzw. mit ausgezählten Vorlagen) und nicht mit der Zeichen-Zählung einer Textverarbeitung ermitteln.

In Buch- und Zeitungsverlagen hält sich der Begriff Anschlag in einer historischen Verwendung. Die Tastatur von Setzmaschinen, wie sie bis in die 1980er-Jahre im Einsatz waren, hatte für Groß- und Kleinbuchstaben jeweils eigene Tasten, nur wenige Tasten hatten eine Zweitbelegung (hier ansehen). Die Zahl der Anschläge entsprach daher weitgehend der Zahl der Zeichen nach heutiger Zählung. Die durchschnittliche Setzleistung soll bei 6000 Anschlägen pro Stunde gelegen haben.

Wer zählt Buchstaben?

Als sinnvolle Anwendung für diese Zählweise fällt mir nur das Kreuzworträtsel ein: Stadt an der Ostsee mit 7 Buchstaben (und 7 Toren und 7 Rathaustürmen)?

Wenn man den Textumfang für eine Publikation ermitteln oder eine Textdienstleistung vereinbaren will, sind die Nicht-Buchstaben (Ziffern, Interpunktionszeichen, Symbole, Leerzeichen) ebenso wichtig und werden daher mitgezählt. Auch hier gilt: Da nur Zeichenzahlen mit dem PC zu ermitteln sind, spricht oft von »Zeichen«, wer »Buchstaben« sagt.

Zeichen zählen – am besten alle

Für die meisten Textarbeiten (Text, Übersetzung, Lektorat, Korrektur) wird diese Zählweise bevorzugt, die Buchstabenzeichen, Interpunktionszeichen, Ziffern, Symbole und Leerzeichen erfasst. So kommt man am ehesten zu unstrittigen Ergebnissen – anders als mit Wörterzahlen oder gar Normseiten, Manuskript-, Standard- oder Druckseiten.

Die Leerzeichen werden dabei gern vergessen – nicht nur, weil die Textverarbeitung beide Varianten anbietet. Was aber wäre der Lattenzaun ohne den Zwischenraum, hindurchzuschaun? Das Leerzeichen ist oft bedeutungs­unterscheidend und muss besonders sorgfältig korrigiert werden. Es nimmt Raum ein – und ist deshalb auch für Satz/Layout und Herstellung ein wichtiger Textbestandteil.

In Word finden Sie die Zeichenzahl (je nach Version) unter:

  • Extras – Wörter zählen – Zeichen (mit Leerzeichen) oder
  • Überprüfen – Wörter zählen – Zeichen (mit Leerzeichen)

Wenn Sie einigermaßen genau einschätzen wollen, ob Ihr Manuskript für die Publikation passt oder noch zu lang bzw. zu kurz ist, kommen Sie mit der Zeichenzahl (einschließlich Leerzeichen) am weitesten. Die durchschnittliche Zeichenzahl der für den jeweiligen Text geplanten Druckseite lässt sich herausfinden – die Zahl der Buchstaben oder Anschläge pro Seite kaum.

Fazit: Im Tastaturkurs zählen Sie Anschläge, fürs Kreuzworträtsel Buchstaben und in fast allen anderen Fällen – Zeichen. Es sei denn, Sie basteln Elfchen oder Haikus oder Pangramme.


Zum Weiterlesen

Marion Kümmel ist Federwerkerin und freie Lektorin. Seit 2001 übernimmt sie Textdienstleistungen für Publikumsverlage, Agenturen, Unternehmen und Autor:innen. Sie redigiert Sachbücher und Fachtexte, wissenschaftliche Veröffentlichungen sowie Texte aus Unternehmenskommunikation und Werbung. Auf der Website des Lektorats erfahren Sie mehr.

5 Kommentare

  1. Hallo Frau Kümmel, sehr interessanter Artikel. Über eine Info wäre ich Ihnen sehr dankbar: Ich schreibe meine Artikel in Pages, iPad Pro. Die Redaktion möchte, dass meine Artikel max. 140 Zeilen haben, pro Zeile 33–35 Anschläge. Ich finde nirgendwo diese Funktion in Pages. Wir kann ich es einstellen, dass mir iPad die Anzahl der Zeilen und Anschläge zeigt? Herzlichen Dank. Viele Grüße von Josefine Mühlroth

  2. Hallo Frau Kümmel,

    vielen Dank für diese Erläuterung. Ich bin auf diese Seite gestossen, als ich nach Programmen suchte, die Anschläge zählen können. Zeichenzählprogramme gibt es en masse. Aber sind Ihnen zufällig Programme bekannt, die die Anzahl der Anschläge zählen können?

    Wenn ermächtigte Übersetzer für die Gerichte tätig werden, sieht das einschlägige Gesetz (JVEG) nämlich vor, dass das Honorar anhand der Zahl der Anschläge berechnet werden soll.

    Herzlichen Dank!

  3. Hallo, Frau Behrendt,

    soviel ich weiß, kann die Zahl der Anschläge nicht mit einem Programm ermittelt werden.

    Bei Übersetzungsleistungen würde ich aber davon ausgehen, dass die Zahl der Zeichen gemeint ist. Leider werden die Begriffe heute sehr unsauber gebraucht, darum habe ich den Post einst geschrieben.

    Nachfragen würde ich auch, ob die Zeichenzahl inkl. Leerzeichen gemeint ist – in deutschen Texten machen die Leerzeichen ca. 20 Prozent aus und sind also für das Honorar nicht unerheblich.

    Viele Grüße
    MK

    1. Hallo Frau Kümmel,

      vielen Dank für Ihre zeitnahe Antwort! Die Wortwahl wurde ja trotz mehrerer Novellierungen noch aus der Schreibmaschinenzeit übernommen und eine Feststellung bedürfte eines Gerichtsurteils. Aber ja, der Unterschied ist immens und macht sich direkt im Geldbeutel bemerkbar.

      Viele Grüße

      Bettina Behrendt

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