Das Versal-Eszett in der Rechtschreibung

[Aktualisierung: 2. August 2024]

Versal-Eszett

Das Schriftzeicheninventar der amtlichen deutschen Rechtschreibung wurde im Juni 2017 erweitert: um einen Großbuchstaben für das Eszett. 2024 wurde er von der Neben- zur Hauptvariante. #

Die Rechtschreibregelungen bis 2017 gingen davon aus, dass es das Eszett nur als Kleinbuchstaben (Minuskel) gibt. Bei Satz in Großbuchstaben (Versalien) oder Kapitälchen sahen sie deshalb den Ersatz durch Doppel-S vor, zum Beispiel in der Rostocker MASSMANNSTRASSE.

Aufnahme in den Zeichenstandard

April 2008: Wie hier auf Federwerk berichtet, wurde das Versal-Eszett in den internationalen Zeichenstandard Unicode (Code: U+1E9E) aufgenommen. Da das Eszett ein Sonderbuchstabe ist, der nur in der Schreibung der deutschen Sprache (außer in der Schweiz) verwendet wird, war das ein wichtiger Schritt. Teil der amtlichen Rechtschreibung wurde es damit aber noch nicht.

Die Duden-Sprachberatung zeigte sich jedoch pragmatisch, wie in ihrem Newsletter vom 22. August 2008 zu erfahren war:

Die internationale Organisation für Normung (ISO) hat nun – in den internationalen Zeichensätzen ISO-10646 und Unicode 5.1 – ein Zeichen für das große Eszett festgeschrieben: eine wichtige Neuerung, besonders für Buch- und Zeitungsverlage, aber eine, die nicht Bestandteil der amtlichen Rechtschreibung ist. Allerdings darf mündigen Bürgerinnen und Bürgern im Einzelfall getrost die Entscheidung überlassen werden, ob sie das große Eszett etwa für die Schreibung ihres Namens nutzen oder nicht.

Aufnahme in die Rechtschreibung

Dezember 2016: Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat in seinem 3. Bericht (Periode 2011 bis 2016) »Vorschläge für Anpassungen des Regelwerks und die Fortentwicklung der Rechtschreibung unterbreitet und begründet«. Er schlägt unter anderem eine Erweiterung der amtlichen Rechtschreibung um einen Großbuchstaben für das Eszett vor,

nicht zuletzt, um für amtliche Zwecke, insbesondere Personaldokumente wie Personalausweis und Pass, die Einheitlichkeit der Schreibweise z. B. von Personennamen zu sichern. (aus: Pressemeldung des Rats für deutsche Rechtschreibung)

Der Bericht wurde an die staatlichen Stellen übergeben, die für die amtliche Regelung zuständig sind, in Deutschland ist das die Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder.

Juni 2017: Der Rat für deutsche Rechtschreibung hat die »Deutsche Rechtschreibung: Regeln und Wörterverzeichnis« aktualisiert. Wird in Großbuchstaben (Versalien) gesetzt, haben Schreibende jetzt die Wahl zwischen dem Ersatz durch SS (wie bisher) und dem Versal-Eszett:

Bei Schreibung mit Großbuchstaben schreibt man SS. Daneben ist auch die Verwendung des Großbuchstabens ẞ möglich. Beispiel: Straße – STRASSE – STRAẞE.
(Deutsche Rechtschreibung: Regeln und Wörterverzeichnis 2017, § 25 E3)

Juli 2024: In der Neubearbeitung des Regelwerks ist das Versal-Eszett die Hauptvariante:

Bei Schreibung mit Großbuchstaben ist neben der Verwendung des Großbuchstabens ẞ auch die Schreibung mit SS möglich: Straße – STRAẞE – STRASSE. (Amtliches Regelwerk der deutschen Rechtschreibung 2024, § 25 E3)

Vorerst ist das Zeichen noch nicht über die Tastatur erreichbar. Sie können das ẞ hier kopieren und einfügen, falls die verwendete Schrift bereits ein Versal-Eszett mitbringt.

[Der Artikel erschien erstmals im August 2008 auf federwerk.de und wurde zuletzt am 2. August 2024 aktualisiert.]


Mehr zum Thema:

Marion Kümmel ist Federwerkerin und freie Lektorin. Seit 2001 übernimmt sie Textdienstleistungen für Publikumsverlage, Agenturen, Unternehmen und Autor:innen. Sie redigiert Sachbücher und Fachtexte, wissenschaftliche Veröffentlichungen sowie Texte aus Unternehmenskommunikation und Werbung. Auf der Website des Lektorats erfahren Sie mehr.

2 Kommentare

  1. Es freut mich zu hören, dass das ẞ nun als Standardvariante gilt, und die grottige SS-Ersetzung nur noch zweitrangig behandelt wird (selbst der alte SZ-Behelf war mMn sinniger). Hoffentlich wird sie bald zum alten Eisen geworfen und gilt nur noch als Notbehelf, so wie die Ersatzvarianten für die Umlaute.

    „Vorerst ist das Zeichen [ẞ] noch nicht über die Tastatur erreichbar.“

    Das große Eszett ist seit Windows 8, und somit seit vielen Jahren, standardmäßig auf dem normalen deutschen Tastaturlayout zu finden, selbst wenn es nicht auf der physischen Tastatur aufgedruckt ist.
    Es kann auf Windows mittels „Umschalt + AltGr + ß“ eingegeben werden. Selbst unter Mac und Linux ist es standardmäßig verfügbar.

    Auf Handybetriebssystemen ist es ebenfalls seit ein paar Jahren standardmäßig auf der S-Taste zu finden, und ist, genau so wie das kleine ß, durch langdrücken der (großen) S-Taste eingebbar.

    1. Aus rechtschreiblicher Sicht war der Ersatz durch SS durchaus sinnvoll; aber gut, dass er nun nicht mehr nötig ist.

      Auf dem iPhone ist das Versal-Eszett erreichbar, unter macOS auf dem Desktop weiterhin nicht. Unter Windows ist es wohl über die Tastenkombination verfügbar, aber nicht auf der physischen Tastatur (Tastaturlayout) aufgedruckt.

Schreiben Sie einen Kommentar:

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert