Beim Aufräumen fiel mir eine der AOL-CDs in die Hände, die man einst wöchentlich im Briefkasten fand. (Wann war eigentlich Schluss damit?)
Im Januar vor 10 Jahren war ich dank so einer Werbe-CD mit meinem nicht mehr ganz neuen Mac (einem Performa 630) und einem rasanten 34-k-Analogmodem zum ersten Mal online. Gesucht wurde noch ohne Google – dessen Testversion ging erst im September 1998 online –, und Wikipedia startete drei Jahre später.
Das quietschende Geräusch, mit dem sich das Modem für jede Verbindung einwählte, habe ich noch gut im Ohr. Es mahnte: Mach hin, Online-Zeit kostet Geld, und die Telefonleitung ist so lange auch besetzt. DSL fiel wegen moderner Glasfaser-Telefonleitungen in unserem Stadtteil aus, erst 2004 gab es Breitbandanschlüsse über Kabel.
Meine freiberufliche Arbeit als Lektorin wäre ohne das Internet so nicht denkbar, den Berufsverband der Lektorinnen und Lektoren (VFLL) hätte ich vielleicht Jahre später auf einer Buchmesse entdeckt, manche Kollegen und Kunden nie kennengelernt. Gar nicht zu reden von den vielen kleinen Fragen, vor die mich die Textarbeit stellt: Wie sieht ein Hennin aus und wie trug man ihn? Welche Straßenbahnlinie kann der Krimiheld in Szczecin genommen haben? Wann beginnt in Argentinien der Winter?
Da das Internet auf wundersame Weise insgesamt dennoch mehr Zeit zu kosten als zu sparen scheint, habe ich mich zum Ausgleich vor Monaten von dem Medium des vorigen Jahrhunderts getrennt und das Fernsehgerät entsorgt. Risiken und Nebenwirkungen habe ich bisher nicht bemerkt.