Die Buchstaben des Gesetzes

Beim Korrekturlesen juristischer Texte sind die Quellenbelege für Gesetzesnormen zu vereinheitlichen: Interpunktion, Abkürzungen, Leerzeichen. In diesem Artikel geht es um ein winziges Detail: Wie ist zu schreiben, wenn Buchstaben Teil des Quellenbelegs sind, und was bedeuten die unterschiedlichen Varianten? #

Gesetze werden nicht wie andere Texte mit Literaturangabe bzw. Kurzbeleg und Seitenangabe zitiert, sondern mit den für Gesetzestexte typischen Untergliederungseinheiten: Paragraf, Absatz, Satz, Nummer, Buchstabe. Nur Buchstaben tauchen dabei in zweifacher Funktion auf, sodass hier Unsicherheiten für die Schreibweise entstehen.

1. Der Buchstabe bezeichnet einen eingefügten Artikel oder Paragrafen

So ist im Grundgesetz der Artikel 16a über das Asylrecht ein eigenständiger Artikel, der zwischen Artikel 16 und Artikel 17 eingefügt wurde (siehe Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland). Zwischen Artikel 45 und Artikel 46 wurden sogar schon 4 Artikel (Artikel 45a bis Artikel 45d) eingefügt. Das ist ein Notbehelf, damit man die Nummerierung der nachfolgenden Artikel (und damit alle Stellen, an denen diese Artikel zitiert werden) nicht ändern muss.

Ebenso verhält es sich zum Beispiel mit HGB § 8a und § 8b, die zwischen § 8 und § 9 eingefügt wurden (siehe HGB im Internet). Man muss bei der Prüfung und Korrektur also jeweils den Gesetzestext (am einfachsten bei Gesetze im Internet) selbst einsehen.

Der Buchstabe folgt in dieser Funktion ohne Leerzeichen auf die Zahl.

2. Buchstaben sind eine Untergliederung innerhalb eines Artikels oder Paragrafen

Ist der Buchstabe eine Untergliederung innerhalb eines Paragrafen oder Artikels, ist im Quellenbeleg auszuschreiben: »Buchstabe a« (dem dann mindestens ein »Buchstabe b« folgen muss).

Besonders hübsch wird es, wenn beide Möglichkeiten zusammen vorkommen:

EStG § 9a Satz 1 Nummer 1 Buchstabe a (Beleg ansehen).

Einen Beleg, bei dem zwischen der Zahl und dem Buchstaben ein Leerzeichen steht, gibt es nach Empfehlung des Bundesministeriums der Justiz nicht.


Quelle:

»Handbuch der Rechtsförmlichkeit«, herausgegeben vom Bundesministerium der Justiz, 3. Auflage. URL: http://hdr.bmj.de/vorwort.html (Abruf: 26.02.2015). Darin besonders diese Abschnitte:

Anmerkung: Das Handbuch regelt die Schreibungen innerhalb von Gesetzesnormen, in denen auf Abkürzungen verzichtet werden soll (Ausnahme: Paragraf­zeichen). In wissenschaftlichen oder anderen Texten, die sich auf Gesetzestexte beziehen oder Ausschnitte zitieren, sind Abkürzungen jedoch weiterhin üblich.


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Marion Kümmel ist Federwerkerin und freie Lektorin. Seit 2001 übernimmt sie Textdienstleistungen für Publikumsverlage, Agenturen, Unternehmen und Autor:innen. Sie redigiert Sachbücher und Fachtexte, wissenschaftliche Veröffentlichungen sowie Texte aus Unternehmenskommunikation und Werbung. Auf der Website des Lektorats erfahren Sie mehr.

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