Duden Rechtschreibung in 29. Auflage erschienen

Am 20. August 2024 ist »der Duden« (Band 1 der Reihe) in der 29. Auflage erschienen. Seit der vergangenen Auflage (2020) hat sich wie immer einiges im Wortschatz getan und dieses Mal auch in der Rechtschreibung. Der Duden setzt die Neubearbeitung der amtlichen Rechtschreibung um, die seit dem 1. Juli 2024 gilt.

Inhalt

  1. Was ist neu in der Rechtschreibung?
  2. Die formale Gestaltung von Texten
  3. Wortschatz im Wandel

1. Was ist neu in der Rechtschreibung?

Die Dudenregeln wurden zum Teil überarbeitet und Verweise aktualisiert. Gelegentlich sind neben Verweisen auf den Teil »Die formale Gestaltung von Texten« nun auch Hinweise auf typografische Besonderheiten ergänzt. In der sprachlichen Form der Regeln fällt auf: Während das »Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung« (ARW) 2024 bereits auf Formulierungen mit dem Pronomen man verzichtet, blieben sie im Duden meist erhalten.

Die Dudenregeln sind wie gewohnt alphabetisch geordnet, die (aus meiner Sicht) wichtigsten Änderungen habe ich im Folgenden wie das Amtliche Regelwerk nach Teilbereichen geordnet.

Laut-Buchstaben-Zuordnungen

Der Großbuchstabe für das Eszett (Versal-Eszett) ist laut Duden weiterhin fakultativ, während er im Amtlichen Regelwerk 2024 zur Hauptform wurde.

Siehe auch »Das Versal-Eszett in der Rechtschreibung«.

Getrennt- und Zusammenschreibung | Bindestrichschreibung

— Bei Fügungen aus zwei Farbadjektiven wird wieder unterschieden: Es wird mit Bindestrich geschrieben, wenn zwei Farben gemeint sind; bei Mischfarben gilt Zusammenschreibung: das blau-rote Muster, der blaurote Farbton. Das entspricht dem ARW 2024 und der bisherigen Dudenempfehlung.

— Bei Zusammensetzungen mit einer Wortgruppe wird (wie bisher) durchgekoppelt: der Lady-Gaga-Fanklub, St.-Johann-Kindergarten. Wird die Wortgruppe in Anführungszeichen gesetzt, bleibt die Wortgruppe immer ohne Bindestriche: die »Fluch der Karibik«-Filme, die »Haltet den Dieb!«-Rufe. Möglich war diese Schreibung auch bisher.

— Für Zusammensetzungen mit nicht ist wie bisher Getrennt- oder Zusammenschreibung möglich, die (bereits verbreitete) Schreibung mit Bindestrich ist nun ebenfalls angeführt: eine nicht zutreffende Aussage, eine nichtzutreffende Aussage, eine nicht-zutreffende Aussage; das Nicht Zutreffende, Nichtzutreffende, Nicht-Zutreffende.

Zeichensetzung

Das Amtliche Regelwerk schließt die Zeichensetzung in die Rechtschreibung ein, der Duden nennt den Abschnitt weiterhin »Rechtschreibung und Zeichensetzung«. Nach der amtlichen Rechtschreibung werden einige bislang optionale Kommas nun wieder verbindlich.

— Werden selbstständige Sätze mit einer wiederholbaren Konjunktion wie und/oder verbunden, steht nach Duden »in der Regel kein Komma«; nur wenn einer der Sätze »weiter ausgebaut« ist, wird es empfohlen. Die amtliche Rechtschreibung bezeichnet das optionale Komma hier in allen Fällen als »besser« (§ 71 E3).

Ein Komma muss stehen, wenn nach und/oder ein Satzgefüge folgt, das mit einem eingeleiteten Nebensatz beginnt: Ich habe sie selten gesehen, und wenn ich dort war, dann waren wir spazieren.

— Mehrteilige Datums-, Zeit-, Wohnungs- und Literaturangaben, die in einen Satz eingebunden und nicht mit einer Präposition verbunden sind, werden als Fügungen mit Zusätzen aufgefasst und erhalten verbindlich auch ein schließendes Komma (bisher optional).

Anna kommt am Montag, dem/den 5. April, vorbei. Anna kommt Montag, 19:00 Uhr, vorbei.
Wir werden in Heidelberg, Hauptstraße 15, eine Filiale eröffnen.
Sie hat die Definition aus dem Brockhaus, 21. Auflage, Band 12, übernommen.

— Der erweiterte Infinitiv mit zu wird als »eine besondere Form von Nebensatz« eingeordnet und nach den Regeln für Nebensätze mit Komma abgetrennt bzw. in Kommas eingeschlossen. Nur beim einfachen Infinitiv mit zu (ohne Erweiterung) bleibt das Komma freigestellt.

Ohne Komma steht der erweiterte Infinitiv mit zu wie bisher:

  • wenn er zum Prädikat des übergeordneten Satzes gehört (nach Verben wie sein, haben, brauchen, pflegen, scheinen): Er war von den Vorteilen nicht so schnell zu überzeugen
  • wenn er mit dem Hauptsatz verschränkt ist: Sie hat ihn mit Argumenten zu überzeugen versucht. (Aber: Sie hat versucht, ihn mit Argumenten zu überzeugen.)

— Der Apostroph vor dem Genitiv-s von Personennamen gilt nur noch als Option, wenn die ganze Fügung ein Eigenname ist: Willi’s Biomarkt, aber nur: Willis Lieferwagen (gemäß ARW, § 80 E1). Das ist eine Einschränkung bzw. Präzisierung der Regel, die bislang galt.

Einzelschreibungen: Schreibvarianten und Dudenempfehlung

Mit der Überarbeitung der amtlichen Rechtschreibung 2024 wurden einige nicht gebräuchliche integrierte Schreibungen von Fremdwörtern getilgt, daher finden sich im Duden zum Beispiel nur noch: Cousine, Exposé, Joghurt, Panther, Polonaise, Sorbet, Spaghetti, Thunfisch.

Wieder aufgenommen wurde die fremde Schreibung zum Beispiel bei: Couvert (neben Kuvert), Façon (neben Fasson), Portrait (neben Porträt).

Wo die amtliche Rechtschreibung Varianten zulässt, gibt die Dudenredaktion weiterhin Empfehlungen (gelb markierte Dudenempfehlungen).

2. Die formale Gestaltung von Texten

Dieser Abschnitt ist seit der 28. Auflage leider weitgehend unverändert (vgl. Anmerkungen im Federwerk).

Neu hinzugefügt wurde ein Abschnitt zu Aufzählungen, die als Listen mit Aufzählungszeichen angeordnet werden. Die Angaben zur Groß- und Kleinschreibung und zur Interpunktion entsprechen dem seit Langem schwankenden Schreibgebrauch. Siehe auch »Aufzählungen: Groß- und Kleinschreibung und Interpunktion«.

Geändert hat die Dudenredaktion ihre Empfehlung für Zusammensetzungen mit Fügungen aus Ziffern und Sonderzeichen. So soll 5-%-Klausel nun (analog zu 5-Prozent-Klausel) auch zwischen Ziffer und Sonderzeichen mit Bindestrich geschrieben werden. Inkonsequent bleibt die Empfehlung bei der Ableitung 25%ig (trotz 25-prozentig). Da Sonderzeichen bisher generell kein Bestandteil der Rechtschreibregelung sind, kann hier nur der Schreibgebrauch beobachtet werden. Siehe auch »Sonderzeichen in Zusammensetzungen«.

3. Wortschatz im Wandel

Die Zeitgeschichte spiegelt sich schon in den Beispielen zu den Dudenregeln: Statt Moskau-freundlich findet sich Europa-freundlich, statt Putin-kritisch steht nun das unverfängliche (und etwas ungelenke) Picasso-ähnlich. Taylor Swift löst Lady Gaga ab. Aus der Zeit gefallen scheinen mir mondbeschienen, herzerquickend, gnadenbringend, maschinengeschrieben (alle D 59). Wie wäre es mit sonnendurchflutet, herzerfrischend, corona- oder klimabedingt, magenschonend oder computergeneriert …?

Für das Wörterverzeichnis spricht die Dudenredaktion wieder von 3000 Neuzugängen. Das Zwei-Prozent-Ziel (Verteidigungspolitik) hat es ins Wörterverzeichnis geschafft, das deutlich häufigere Zwei-Grad-Ziel (Klimapolitik) hingegen nicht. Die meisten Corona-Neuzugänge sind inzwischen historisch. Selbst der Fliegenschiss (aus der unsäglichen Äußerung von A. G.) wurde durch einen Eintrag gewürdigt. Weitere Beispiele:

Ampelregierung • Antigenschnelltest • Balkonkraftwerk • Biden, Joseph (Joe) • ChatGPT® • Corona-Warn-App • coronabedingt • Coronahilfe • Coronaimpfung • Coronaleugner • Coronamaßnahme • Coronapandemie • Coronasoforthilfe • Coronawelle • Deutschlandticket • Distanzunterricht • Dürresommer • Entlastungspaket • Extremwetterereignis • Fleischersatz • Flugabwehrsystem • framen • Gasmangellage • Gemüsekiste • gendersensibel • Genderverbot • Ghosting • Go-life • Klimakleber • Klimakrise • Klimaminister/-in • Lieblingsmensch • matchen • Neurodiversität • Offlinemedium • Offlinemodus • Prompt • prompten • Regenbogenfahne • Scholz, Olaf • Sprachmodell • TikTok® • Triggerwarnung • Ukrainekrieg • Verschwörungsmythos • Virusvariante • vulnerabel • Werbefreiheit • Wokeness • Zwei-Prozent-Ziel

Die Abschnitte »Das griechische Alphabet« und »Sprache in Zahlen« stehen nicht mehr im Print-Duden. Der Abschnitt zur Textkorrektur (Korrekturzeichen) wurde an das zweispaltige Layout des Regelteils angepasst. Die doppelten runden Klammern für Anmerkungen aus dem Lektorat haben einen Eintrag erhalten ((den ich vor 20 Jahren dringend gesucht habe)). Aufgefallen ist mir außerdem, dass die Werbung für die Duden-Sprachberatung (bislang auf der Seite des Impressums) fehlt.

Sicher gibt es noch manches zu entdecken, bis der nächste Neue in die Handbibliothek einzieht …


Titelbild: Pressematerial des Dudenverlags.

Zum Weiterlesen

Marion Kümmel ist Federwerkerin und freie Lektorin. Seit 2001 übernimmt sie Textdienstleistungen für Publikumsverlage, Agenturen, Unternehmen und Autor:innen. Sie redigiert Sachbücher und Fachtexte, wissenschaftliche Veröffentlichungen sowie Texte aus Unternehmenskommunikation und Werbung. Auf der Website des Lektorats erfahren Sie mehr.

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